Fünf wichtige Faktoren für das Spritzgießen von PEEK

Carin Burger
Technical Service Engineer bei Victrex EMEA
Verarbeiten Sie PEEK zum ersten Mal? Oder hatten Sie beim Spritzgießen Schwierigkeiten? In diesem Beitrag betrachten wir fünf zentrale Faktoren des Spritzgießprozesses, die dabei helfen können, Fehler bei der Verarbeitung von PEEK-Polymeren zu vermeiden und das Potenzial des Hochleistungsthermoplasts voll auszuschöpfen.

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#1 Ausrüstung: gängige Spritzgießmaschinen

Der erste wichtige Faktor ist die Ausrüstung, die Sie zum Spritzgießen von PEEK verwenden. PEEK lässt sich mit gängigen Spritzgießmaschinen verarbeiten, wie sie bei den meisten bekannten Maschinenlieferanten erhältlich sind. Abhängig vom zu verarbeitenden PEEK-Typ liegen die Verarbeitungstemperaturen am Spritzgusszylinder im Bereich von 350 bis 400 °C. Diese Temperaturen können bei den meisten gängigen Spritzgießmaschinen ohne Modifikation erreicht werden. Falls Umbauten erforderlich sind, betreffen diese normalerweise die Heizbänder oder Thermoelemente/-regler. Wir raten zur Verwendung von keramischen Heizbändern, da diese die konsistenteste Verarbeitung bieten. Zudem empfiehlt sich der Einsatz von Isolationsdecken, da diese eine Wärmeisolierung bieten und Energiekosten einsparen. Eine Universalschnecke ist effektiv. Kupfer und Kupferlegierungen sollten vermieden werden (im Kontakt mit Schmelze). Alle Metallteile sollten glatt und hochglanzpoliert sein, um den kontinuierlichen Transport der Schmelze ohne lokalen Stillstand (Potenzial für Stippen) zu gewährleisten.

PEEK kann auf Standard-Spritzgießmaschinen verarbeitet werden

#2 Die Bedeutung der Trocknung von PEEK-Polymer

Beim zweiten Punkt dreht sich alles um das Trocknen des PEEK-Polymers. PEEK-Granulate werden nominell trocken geliefert, können jedoch Feuchtigkeit aus der Luft aufnehmen. In unseren Datenblättern und unserem Injection Moulding Guide bzw. in der Broschüre Spritzgussverarbeitung finden Sie einige Hinweise zum Trocknen. Zusammengefasst empfehlen wir, die Pellets in Umluftöfen zwei bis drei Stunden bei 150 bis 160 °C zu trocknen. Alternativ können sie auch über Nacht trocknen. Weitere Informationen finden Sie in den genannten Anleitungen. Das Ziel sollte sein, die Restfeuchte auf unter 0,02 Prozent zu reduzieren. Adsorptionstrockner (mit einem Taupunkt von etwa –40 °C) können ebenfalls verwendet werden.

#3 Sauberkeit ist entscheidend

Auf Sauberkeit zu achten, ist eine zentrale Anforderung! Bei der Verarbeitung von PEEK ist jegliche Verunreinigung zu vermeiden. Wie Sie wissen, zersetzen sich die meisten anderen Polymere bei den Verarbeitungstemperaturen von PEEK. Daher ist es unbedingt erforderlich, von Beginn an mit sauberen Trockenöfen, Trichtern und Spritzgießmaschinen zu starten sowie auf saubere Handhabung zu achten. Ziehen Sie die Schnecke und reinigen Sie Schnecke und Zylinder mit der Bürste, bevor Sie mit dem Spritzgießen von PEEK beginnen. Überprüfen Sie auch Materialzufuhr und Trichter auf Rückstände vorangegangener Polymere.

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Regranulat kann eine große Kontaminationsquelle sein, und wir empfehlen Ihnen daher, Gerätschaften zur Herstellung von PEEK-Regranulat ausschließlich für PEEK zu verwenden. Jegliche Verunreinigungen während des Spritzgießens erscheinen im fertigen Bauteil in Form schwarzer Stippen, der sogenannten Black Specks.

#4 Anschnitte so groß wie möglich auslegen

Entlang des Spritzgussprozesses kommen wir nun zu Faktor 4: PEEK mag große Anschnitte. Die Größe des Anschnitts wird vom Schmelzevolumen, der Anzahl der Kavitäten und der Bauteilgeometrie bestimmt. PEEK ist ein teilkristallines Polymer und weist im Vergleich zu einem amorphen Thermoplast eine viel stärkere Schrumpfung auf. Zudem verursacht das Abkühlen von einer viel höheren Verarbeitungstemperatur auf Umgebungstemperatur eine stärkere Schrumpfung im Vergleich zu Polymeren mit niedrigerer Verarbeitungstemperatur. Durch die Verwendung größtmöglicher Anschnitte lassen sich Bauteile vollständig füllen. Bei Victrex gilt die allgemeine Regel, zwei Drittel der maximalen Wandstärke des Bauteils zu nehmen. Abhängig vom jeweils verwendeten PEEK-Typ beträgt diese mindestens 1 mm für ungefülltes PEEK und 2 mm für Compounds. Die gebräuchlichsten Anschnittarten sind Stangen-, Kanten- oder Schirmanguss; Tunnelanschnitte kommen bei sehr dünnwandigen oder kleinen Bauteilen in Betracht, neigen jedoch dazu, bei größeren Teilen einzufrieren.

#5 Ausreichende Werkzeugtemperierung

>Die ausreichende Werkzeugtemperierung ist Faktor Nummer 5 – und kritisch: Wie bereits in einem früheren Blogbeitrag in Englisch über Polymerkristallinität von John Grasmeder, Chief Scientist bei Victrex, erläutert, ist die Werkzeugtemperierung entscheidend, um eine teilkristalline Komponente zu erhalten, die die einzigartigen Eigenschaften von PEEK voll ausnutzt. Bei naturfarbenen Komponenten ist der Unterschied sichtbar, wie folgende Bilder verdeutlichen. 

 

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Die beiden Extreme werden am einfachen Zugstab sichtbar: kristallines PEEK −korrekt gespritzt (oben), 
amorphes PEEK − zu kalt gesprizt (unten).

Formteil mit kristallinen und amorphen Bereichen.

Die braunen Bereiche bestehen aus amorphem PEEK und die beigefarbenen aus teilkristallinem PEEK. Für einen erfolgreichen Spritzguss von PEEK und seinen Compounds sollte die Werkzeugtemperatur, abhängig vom Typ, zwischen 170 und 200 °C gehalten werden, um das Abschrecken der Schmelze in den amorphen Zustand zu vermeiden. Dabei ist zu beachten, dass dies nicht für die Solltemperatur, sondern für die Oberflächentemperatur am Werkzeug gilt. Dies lässt sich bei kleineren Teilen mit elektrischen Heizsystemen erreichen und bei größeren Schussgewichten oder Werkzeugen mit größerem Kern mittels Öltemperierungen, deren Hydraulikschläuche gut zu isolieren sind. Zudem sollte der Einbau von Dämmplatten zwischen Werkzeug und Aufspannplatte in Betracht gezogen werden, ebenso wie die Wärmeisolierung des Werkzeugs, um eine homogene Temperaturverteilung über die Form zu gewährleisten.

Insgesamt gibt es natürlich viele weitere Faktoren, die beim erfolgreichen Spritzgießen von PEEK eine Rolle spielen. Die fünf genannten Faktoren bieten jedoch eine gute Einführung in das, was zu Beginn des PEEK-Spritzgießens wichtig ist:

  1. Standardausrüstung genügt zum Spritzgießen von PEEK. 
  2. PEEK-Granulat vor Verarbeitung gut trocknen.
  3. Verarbeitungsprozess sauber halten, denn Verunreinigungen können zu Problemen führen.
  4. Anschnitte groß gestalten, um die Form richtig zu füllen und das Teil frei von Lunkern oder Einfallstellung zu bekommen.
  5. Werkzeugtemperierung gut kontrollieren, um teilkristalline PEEK-Teile zu ermöglichen.

Die technischen Serviceteams von Victrex stehen weltweit zur Verfügung, um Sie bei Fragen zum Spritzgießen von VICTREX™ PEEK zu unterstützen. Sie können auch unsere Broschüre Spritzgussverarbeitung und zahlreiche Datenblätter (in englischer Sprache) im Bereich "Ressourcen" herunterladen oder uns direkt über unser Kontaktformular erreichen.

Eine Anleitung zum Trocknen von PEEK-Granulat finden Sie in unserem Datenblatt und im Spritzgießleitfaden.

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Über die Autorin

Carin Burger, seit 17 Jahren bei Victrex, ist Materialwissenschaftlerin mit Erfahrung in F&E und technischem Service. Als Teil des EMEA-Technical-Service-Teams arbeitet sie gemeinsam mit Kunden an Problemlösungen und bietet Unterstützung bei Entwicklung, Verarbeitung und Fertigung.

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